„Ich halte den Stock. Ist bei uns noch die Ausnahme. Denn dirigiert werden Männer eigentlich nur zu Hause. Aber mein Blasorchester spielt mit. Ausnahmsweise. Ich frage mich nur: wie lange noch.“
Deutschland ist Musikland. Schätzungsweise sieben Millionen Menschen in Deutschland musizieren in ihrer Freizeit und die Orchesterdichte und -vielfalt ist einzigartig. Über acht Millionen Besucher werden jährlich in den Aufführungen der Musiktheater in Deutschland gezählt.
Musik ist also ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Grund genug auch über die Kehrseite des Musikphänomens unserer Zeit nachzudenken: Eigentlich leben wir in einer akustisch total überfüllten Welt. Auf der Straße, zu Hause, bei der Arbeit, in der Freizeit, beim Einkaufen, in Verkehrsmitteln und Restaurants, Tag und Nacht, sogar auf den öffentlichen Toiletten befinden wir uns in einem Klangteppich aus Musikfragmenten und Tongeräuschen. Wir begegnen im öffentlichen Raum immer mehr Menschen mit Kopfhörern, die von ihren Smartphones und anderen Geräten digital rund um die Uhr beherrscht werden. Oder tragen selber welche. Tendenz steigend.
Zulasten der kulturellen Vielfalt. Denn Überalterung der Ensembles und Nachwuchsmangel lassen die Orchesterlandschaft schrumpfen. Eine aufwendige und langwierige Musikausbildung wird ersetzt durch digitale Technik, die mit schnellem Erfolgserlebnis verknüpft ist. Und weil dadurch sehr leicht der Eindruck entsteht, dass wir schon alles einmal irgendwo gehört haben, wächst mit dem globalen Lärm um uns herum die Sucht nach Unerhörtem weiter.